Die märchenhafte Erzählung „The wonderful wizard of Oz“ des amerikanischen Schriftstellers Frank Baum aus dem Jahre 1900 liefert seit über 100 Jahren den Stoff, aus dem Träume gemacht sind. Ein kleines Mädchen wird durch eine Naturgewalt in ein fernes, märchenhaftes Land mit skurrilen und anrührenden Bewohnern versetzt. Auf der Suche nach einem Weg nach Hause entdeckt sie wahre Freundschaft, besteht gefährliche Abenteuer und findet Eigenschaften in sich und anderen, von deren Existenz sie zuvor nichts ahnte. So zieht das vieldeutige Sujet seit seiner Entstehung Leser wie Künstler gleichermaßen an.
Der Film „Der Zauberer von Oz“ aus dem Jahre 1939 mit Judy Garland als kleine Dorothy ist einer der ersten großen Farbfilme der Filmgeschichte und Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO. Das von Garland im Film gesungene Lied „Somewhere over the rainbow“ von Harold Arlen ist seit knapp 80 Jahren ein äußerst beliebter Song, ob in seiner Originalgestalt oder auch in (Cover-) Versionen von bspw. Glenn Miller, Loius Armstrong, Eric Clapton, DJ Marusha oder Israel Kamakawiwo’ole. 2013 drehte Disney mit „Die fantastische Welt von Oz“ die Vorgeschichte des Zauberers von Oz in 3D und zahllose Musicals, Comics, Hörspiele und andere versteckte und offenbare Hommagen umranken das kleine Buch Baums wie Efeu ein altes Hexenhaus.
Auch der Komponist Lars Wüller widmete diesem wundersamen Büchlein eine umfangreiche Komposition. Das Werk „In the Land of Oz“ entstand in seiner Ursprungsversion 1999 für Gitarrenorchester und wurde im selben Jahr mit den 1. Preis der „Pendon Guitar Society“ in London ausgezeichnet. Wüller erweiterte das auch in den folgenden Jahren mehrfach preisgekrönte Werk um weitere Sätze, Zwischenspiele, Sprechertexte und Regieanweisungen. Jeder Satz stellt eine Figur oder einen Handlungsort der Geschichte Baums musikalisch dar. Dorothys unschuldiger und fröhlicher Charakter, die Dummheit und Tollpatschigkeit der Vogelscheuche, das metallische und doch liebevolle Wesen des eisernen Holzfällers, die Ängstlichkeit und der versteckte Mut des feigen Löwen, die fantastische Architektur der grünen Smaragdenstadt und der zuerst Furcht erweckende, dann jedoch enttäuschende Zauberer von Oz: alle Szenen und Figuren erfahren durch Wüllers bildhafte, originelle und vielfältige Schreibweise eine einzigartige Darstellung in Musik. Wer genau hinschaut und zuhört, wird neben der programmatisch-spielfilmhaften Musik auch ungewöhnliche Materialien wie Dosen, Streichhölzer, Bottlenecks, Papier oder Bleistifte im Einsatz hören, die von Wüllers fantasievollem Umgang mit der Materie zeugen. Heute gehört das Werk zu den bekanntesten Werken für Gitarrenorchester der letzten 20 Jahre und wird sicherlich auch einen vergleichbaren Weg im Bereich der Zupforchester gehen.
In enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten arrangierte Annika Hinsche, seit 2008 Dirigentin des JuniorZupfOrchesters NRW (JuZO NRW), zunächst die ursprüngliche konzertante „kleine“ Fassung und dann auch die erweiterte „große“ Fassung des Werkes (mit 2 neuen Sätzen, Zwischenspielen und Libretto) für Zupforchester.
Das hier mitgeschnittene Konzert fand im Rahmen des Landesmusikfests des BDZ NRW am 1. Oktober 2016 im Rheinforum in Wesseling bei Köln statt.
Für diese Aufgabe hat das JuZO NRW – ein Auswahlorchester für junge Mandolinen- und GitarrenspielerInnen im Alter von 10 bis 16 Jahren sowie 1. Preisträger des „5. Wettbewerbs für Auswahlorchester“ in Siegen 2014 – künstlerische Verstärkung auf höchstem Niveau gewinnen können. Der Sprecher, Schauspieler und mehrfache Gewinner der „Goldenen Schallplatte“ sowie Träger des „Bayrischen Theaterpreises“ Johannes Steck ist eine der bekanntestes Stimmen Deutschlands und hat zahllosen Charakteren der Literatur – von Fantasy über Bellestristik bis zu den großen Klassikern – seine charakteristische, nuancenreiche und wandelbare Stimme gegeben.
Der Tänzer, B-Boy und Choreograph „airdit“ ist einem internationalen Fachpublikum schon seit über einem Jahrzehnt als Preisträger von weltweit über 25 Tanzwettbewerben bekannt. Durch Auftritte im „Deutschen Bundestag“ und in der TV-Show „Got to dance“ ist er auch einem breiteren deutschen Publikum bekannt geworden. Die Künstlerin Susanne Müller-Kölmel, deren abwechslungsreiche und ausdrucksstarke Gemälde im „Museum Kunstpalast“ Düsseldorf oder im belgischen „Maison art Pütz“ ausgestellt werden, gestaltete das Bühnenbild sowie die Kostüme mit bewundernswertem Engagement, Einfallsreichtum und Können. Eine kreative und rege helfende Hand war dabei Juliane Ebert-Schulz, Mitglied des Dozententeams des JuZO NRW.
Da das JuniorZupfOrchester NRW jährlich für nur eine einwöchige Probenphase zusammen kommt, haben die jungen Instrumentalistinnen und Instrumentalisten im Rahmen dieses Projektes erneut eine künstlerisch hochkarätige Leistung erbracht und ihren musikalischen Erfahrungsschatz dadurch, dass sie die Entstehung eines künstlerischen Gemeinschaftsprojekt unter professionellen Bedingungen erleben und mit gestalten konnten, erweitert. Großen Wert wurde in der Zusammenarbeit (Auszüge aus dieser sind im Video „OZ, Wesseling 2016 – Behind the scenes“ zu sehen) auch auf die gegenseitige Inspiration der Künste gelegt, so dass auch improvisatorische Elemente – wie bspw. die Szene mit Bass und Tänzer von Minute 36:33 bis 38:40 – Eingang in die Aufführung des Werkes von Wüller fanden.
Oz, Wesseling 2016 – Behind the scenes
Ein Blick hinter die Kulissen von der Aufführung von „Oz – ein musikalische Märchen“ in Wesseling im Oktober 2016. Viel Aufwand wurde betrieben, bis alles stimmig war: Choreographie, Bühnenbild, Ton- und Lichttechnik, Abstimmungen mit dem Sprecher Johannes Steck und natürlich die musikalische Probearbeit.
Oz – Ein musikalisches Märchen für Zupforchester
(Bearbeitung für Zupforchester: Annika Hinsche/Lars Wüller)
1. Overture 00:40
2. Dorothy 06:16
3. The Scarecrow (Die Vogelscheuche) 11:21
4. The Tin Woodman (Der Eiserne Holzfäller) 17:07
5. The Cowardly Lion (Der Feige Löwe) 23:25
6. Emerald City (Die Smaragdenstadt) 29:12
7. The Wizard of Oz (Der Zauberer von Oz) 33:40
8. Finale 40:01
JuniorZupfOrchester NRW
Leitung: Annika Hinsche
Sprecher: Johannes Steck
Tänzer: airdit – the machine
Dorothy: Lena Kölmel
Musik und Text: Lars Wüller (*1975)
Mehr Informationen über das JuniorZupfOrchester NRW unter http://www.juzo-nrw.de
Das Werk „Oz – ein musikalisches Märchen für Zupforchester“ ist in der „Edition Mare Duo“ beim „Trekel-Verlag“ in Hamburg erschienen.
Vielen Dank an Annika Hinsche für diesen Gastbeitrag!